Praktiken und Zukünfte des Kollektiven

Fachtag
27. Februar 2024 | 11:30 -
Ballhaus Ost, Pappelallee 15, 10437 Berlin

Praktiken und Zukünfte des Kollektiven

Kollektive Arbeitsformen prägen die Freie Szene schon immer. Aber erst seit kurzem lässt sich ein deutlicher Trend zum Kollektiven im Kulturbetrieb und darüber hinaus beobachten. Auch Konzepte wie New Work, Commons oder Sorgearbeit verbinden mit dem Begriff des Kollektiven die Suche nach enthierarchisierten, selbstbestimmten, ggf. basisdemokratischen, solidarischen Organisationsstrukturen. Gegenwärtig werden bestehende Strukturen Transformationsprozessen unterzogen, z.B. werden neue Leitungen häufig mit Doppelspitzen oder Teams besetzt.

Beim gemeinsamen Fachtag vom Sonderforschungsbereich „Affective Societies“ der Freien Universität Berlin und dem Performing Arts Programm Berlin laden wir ein, über konkrete Praktiken des Kollektiven und über mögliche Zukünfte dieser Organisationsform ins Gespräch zu kommen.

In praktischen Workshops geben die Kollektive hannsjana, Meine Damen und Herren, vorschlag:hammer und zwei Vertreter*innen vom Theaterhaus Jena (Künstlerische Leiterin Lizzy Timmers und Dramaturgin Hannah Baumann) Einblick in ihre gelebte Praxis: Was zeichnet kollektive Arbeitsformen aus? Welche Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Herausforderungen können in künstlerischen, kuratorischen oder organisatorischen Kontexten beobachtet werden? Wie entwickeln Kollektive ihre Methoden und Arbeitsweisen und wie lassen sich diese weitergeben?

Nach einer Netzwerkgelegenheit kommen wir zu einer Gesprächsrunde mit Anne Bonfert (Frl. Wunder AG), Mieke Matzke (She She Pop), Hannah Baumann & Lizzy Timmers (Theaterhaus Jena) und Andrea Rohrberg (Unternehmensberatung synexa consult Essen) zusammen und reflektieren die gesellschaftlichen und kulturpolitischen Versprechen, die von kollektiven Organisationsstrukturen und Leitungen ausgehen. In welchem Zusammenhang stehen Institutionskritik und kollektive Arbeitsformen und welche Rolle spielen hier jüngere aktivistische, gewerkschaftliche und diskursive Anstrengungen, auf strukturelle Missstände und Machtmissbrauch am Theater zu reagieren?

 

Programm

 

11:30 Uhr Akkreditierung und Kaffee


11:45 Uhr

Begrüßung und Einleitung

Mit Anja Kerschkewicz (Frauen & Fiktion, HfS Ernst Busch), Theresa Schütz (Freie Universität Berlin, SFB Affective Societies) und Sarah Stührenberg (Performing Arts Programm Berlin)
 

12:00 Uhr

Workshop A: Zettel- und Laptopkollektiv. Kollektive Autorschaft zwischen analogem und digitalem Arbeiten.

Mit Jule Gorke und Katharina Siemann (hannsjana)

Der Workshop schaut auf Strategien kollektiver Autorschaft, Recherche und Konzeption – von der gemeinsamen Auswertung individuellen Wissens, über den Versuch, gemeinsam Texte zu schreiben bis hin zur dramaturgischen Ordnung der „Zettelwirtschaft“. Dabei begleiten uns grundlegende Fragen nach der Gestaltung kollektiver Arbeitsprozesse: Wie wird Verantwortung verteilt und ausagiert? Wie lässt sich gegenseitige Fürsorge mitdenken – und woran scheitert dieses Vorhaben? Wie lässt sich ein gemeinsamer Humor finden? Das Kollektiv stellt Methoden vor und lädt ein, diese in einer praktischen Übung gemeinsam zu erproben und kritisch zu diskutieren.

Als Künstlerinnenkollektiv hannsjana erarbeiten Laura Besch, Jule Gorke, Lotte Schüßler, Katharina Siemann und Marie Weich seit 2011 gemeinsam Performances, Audio-Touren und Videoarbeiten. Ihre Arbeiten waren u.a. in den Sophiensaelen Berlin, im Luzerner Theater, Nationaltheater Mannheim sowie imTheater Thikwa Berlin zu sehen. www.hannsjana.de (aktuell offline wegen Überarbeitung); Instagram @hannsjana

 

Workshop B: „Dem Kollektiv gehört die Zukunft – wo bleibe ich?“

Mit Friederike Jaglitz und Simone Burkhardt (Meine Damen und Herren)

Je mehr bei Meine Damen & Herren kollektiv gearbeitet wird, desto stärker wächst auch der Wunsch nach individuellen Produktionen, bei denen man alleine bestimmt. Wird der Einzelne vom Kollektiv verschlungen? In praktischen Übungen erforschen die Teilnehmer*innen kollektive Arbeitsweisen künstlerischer Prozesse. Wo bleibe „Ich“, wenn alles ein großer Kompromiss ist? Wie können unterschiedliche Ideen und Bedürfnisse in einem künstlerischen Prozess abgebildet werden? Wie können gemeinsame Entscheidungen getroffen werden, wenn nicht alle mitdiskutieren wollen?

MD&H haben sich in ein Kollektiv verwandelt. Wie das funktioniert, ist eine wichtige Frage für die alltägliche Arbeit. Sie lernen immer weiter, wie sie ihre Arbeits- und Entscheidungsprozesse verbessern können. Und sie bleiben offen in der Frage, wohin es sie als nächsten Arbeitsschritt verschlägt.

Infos unter www.meinedamenundherren.net.

 

14:30 Uhr Pause mit Kaffee und Snacks

 

15:00 Uhr

Workshop C: „(Un-)Produktives Rumhängen“

Mit Stephan Stock und Kristofer Gudmundsson (vorschlag:hammer)

Zwischen gemeinsamem Rumhängen und Raum lassen, dass Ideen kommen, dem Aushalten der Ideen der Anderen, Recherche, Diskussion, Improvisation, dem Rückgriff auf bewährte Techniken und vor der dramaturgischen Zettelwand stehen, entstehen im kollektiven Prozess die Theaterarbeiten von vorschlag:hammer. Das Kollektiv gibt einen kurzen Einblick in ihre Herangehensweise an diese Arbeit und versucht beispielhaft zu zeigen, wann eine solche Arbeit gelingt und wo sie an ihre Grenzen stößt.

vorschlag:hammer entwickeln seit 2009 Theaterproduktionen. Ihr performatives Erzähltheater hat sich für neue ästhetische Strategien geöffnet, zu visuell-atmosphärischen oder körperorientierten Arbeiten. Dabei adaptieren sie bereits existierende Stoffe oder entwickeln recherchebasierte Inszenierungen. https://www.vorschlag-hammer.de/

 

Workshop D: „How to Ensemblerat-Modell“

Mit Lizzy Timmers, Hannah Baumann und Anna K. Seidel (Theaterhaus Jena)

Der Workshop gibt Einblick in das Ensemblerat-Modell, wie es derzeit am Theaterhaus Jena praktiziert wird. Die Teilnehmer*innen stellen sich eine Situation aus der Praxis des Theaters vor und üben im „Stil des Theaterhaus Jena“, also semi-kollektiv, eine Entscheidung zu treffen. Lizzy Timmers, Hannah Baumann und Anna K. Seidel wagen den Versuch das, was sie aus ihrer Arbeit gelernt haben, zu teilen und weiterzudenken sowie Hürden zu reflektieren, die im Prozess aufgetaucht sind. Welche Aspekte dieser Arbeitsweise und Struktur sind außerdem für andere Kontexte interessant?

Lizzy Timmers ist Regisseurin und Performerin sowie künstlerische Leiterin des Theaterhaus Jena. Hannah Baumann ist Theatermacherin und Dramaturgin am Theaterhaus Jena. Sie geben den Workshop mit Schauspielerin und Ensemble-Mitglied Anna K. Seidel. Sie haben nicht die eine künstlerische Handschrift wie ein Kollektiv, entscheiden jedoch wichtige künstlerische Fragen zusammen.
https://www.theaterhaus-jena.de/
 

17:30 Uhr Netzwerktreffen und Abendessen
 

19:30 Uhr

Podiumsdiskussion: Zukunftspotentiale kollektiver Leitungsformen“

Mit Anne Bonfert (Frl. Wunder AG), Mieke Matzke (She She Pop, Universität Hildesheim), Hannah Baumann & Lizzy Timmers (Theaterhaus Jena), Andrea Rohrberg (Kunsttherapeutin, Mitgründerin der Unternehmensberatung synexa consult Essen)
Moderation: Theresa Schütz (Freie Universität Berlin, SFB „Affective Societies“)

Die Podiumsdiskussion arbeitet konkrete Chancen und Herausforderungen kollektiver Leitungsstrukturen heraus: Welchen strukturellen Hürden (z.b. mit Blick auf pay policies und Entscheidungsprozesse) begegnen wir, wenn bestehende Institutionen kollektive Leitungen neu einsetzen? Wie verändern sich Betriebsstrukturen, Zusammenarbeit, aber auch Ästhetiken und Spielpläne? In welcher Weise werden Versprechen enthierarchisierter, teilhabe-orientierter Arbeit insbesondere, aber nicht ausschließlich, auf Leitungsebene realisiert? Wird das Kollektive zum Korrektiv überholter Machtstrukturen? Betreiben manche Institutionen aktuell auch einfach „collective washing“? Die Panelistinnen laden das Publikum ein, gemeinsam über die Zukunftsfähigkeit kollektiver Leitungsstrukturen im Kulturbetrieb zu reflektieren.

 

21:00 Uhr Ausklang und informeller Austausch

 

Die Veranstaltung ist eine Kooperation vom Performing Arts Programm Berlin des LAFT Berlin und des Sonderforschungsbereichs SFB 1171„Affective Societies“ der Freien Universität Berlin.

 

Informationen zur Barrierefreiheit

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei.

Bei Fragen rund um die Zugänglichkeit oder mögliche Barrieren ist Sarah Stührenberg ansprechbar unter sarah.stuehrenberg [at] pap-berlin.de oder 030/ 20 45 979 14 (telefonisch erreichbar Montag und Donnerstag 11 bis 17 Uhr).

Für alle Fragen zur Barrierefreiheit im Ballhaus Ost ist Carina Panther ansprechbar:
Carina Panther, carina.panther [at] ballhausost.de, Tel:
030-44049250

 

Art der Veranstaltung
Der Fachtag besteht aus vier Workshops, einer Netzwerkgelegenheit und einer Podiumsdiskussion. Die Inhalte sind mal akademisch, mal praxisorientiert, mal ernster und mal lockerer gedacht. Stille wird bei der Veranstaltung nicht erwartet. Aber wenn sehr ernste Themen besprochen werden, kann es eine angespannte oder sehr konzentrierte Atmosphäre geben. Wer eine Pause braucht, kann sich zurückziehen.


Sprache

Die Veranstaltung findetet in deutscher Lautsprache statt. Eine Flüsterüberstzung ins Englische ist bei Bedarf für die Woskshops möglich. Bitte den Bedarf bis zum 16. Februar anmelden an: Sarah Stührenberg unter sarah.stuehrenberg [at] pap-berlin.de


Awareness
Wir wollen dazu beitragen, dass sich alle Teilnehmer*innen, Besucher*innen, Kolleg*innen und weitere Beteiligte auf unserem Fachtag wohlfühlen und gern und einfach miteinander ins Gespräch kommen. Bitte seid sorgsam im Umgang miteinander und lasst uns gemeinsam einen Ort des gegenseitigen Respekts schaffen.

Solltet ihr dennoch diskriminierende Erfahrungen während der Veranstaltung machen, wendet euch bitte an unser Team für Unterstützung. Alle Team-Mitglieder sind durch einen Sticker erkennbar, jederzeit ansprechbar und bemüht, schnell und respektvoll zu helfen.

Bei Fragen oder Anliegen im Vorfeld oder nach der Veranstaltung könnt ihr euch auch per E-Mail oder Telefon an uns wenden unter:
sarah.stuehrenberg [at] pap-berlin.de () oder 030/ 20 45 979 14 (telefonisch erreichbar Montag und Donnerstag 11 bis 17 Uhr).

 

Räumliche Zugänglichkeit
Der Fachtag findet in den Räumen des Ballhaus Ost statt.

Die Räumlichkeiten des Ballhaus Ost sind nur teilweise rollstuhlgerecht. Die Workshops finden auf unterschiedlichen Geschossen statt, die nur über Treppen erreichbar sind. Die Podiumsdiskussion findet im Saal statt. Dieser befindet sich im Erdgeschoss und ist barrierefrei mit Rollstuhl zugänglich. Die Eingangstüren sind bei Einlass offen, ansonsten händisch zu öffnen. Sie öffnen sich auf 250 cm Breite. Es gibt eine Rampe am Eingang und rollstuhlgerechte Sanitäranlagen in der Nähe des Eingangs.

Im Saal gibt es so viele Rollstuhlplätze, wie es Bedarf gibt. Darüber hinaus gibt es Sitzsäcke als alternative Sitzmöglichkeit.
 

Parken
Leider gibt es keine Besucher:innen-Parkplätze auf dem Gelände des Ballhaus Ost und keine ausgewiesenen Behindertenparkplätze in unmittelbarer Nähe. In der Pappellallee gibt es leider nur gebührenpflichtige öffentliche Straßenparkplätze.

 

Akkreditierung
Nach bestätigter Anmeldung wendet Euch vor Ort bitte zuallererst an die Akkreditierung.

 

Verpflegung + Pausen
Während der Veranstaltung gibt es dauerhaft Kaffee, Tee, Wasser, Obst und kleines Gebäck. Darüber hinaus stellen wir nach den Workshops, um ca. 17:30 Uhr ein kleines Abendessen. Alle Speisen sind entweder vegetarisch oder vegan.

 

Anmeldung

Anmeldungen für die Workshops und die Podiumsdiskussion sind aktuell nicht mehr möglich, da die maximale Teilnehmer*innenzahl erreicht ist. Auch eine Warteliste gibt es leider nicht.

 

Anmeldungen für die Workshops und die Podiumsdiskussion sind aktuell nicht mehr möglich, da die maximale Teilnehmer*innenzahl erreicht ist. Auch eine Warteliste gibt es leider nicht.