Fachtag 2017: Gut beraten?! Selbstermächtigtes Handeln vermitteln!
Fachtag 2017: Gut beraten?! Selbstermächtigtes Handeln vermitteln!
Ein Fachtag zum Thema Beratung & Qualifizierung in den freien Künsten
Hier geht es zum Bericht über den Fachtag 2017.
Frei zu arbeiten bedeutet, anders und selbstbestimmt zu arbeiten, und damit auch kontinuierlich Fragen zu stellen, was Arbeiten, Produzieren, Schaffen heißen kann. Wie kann die Beratung und Qualifizierung von Kunst- und Kulturschaffenden diese Form des Arbeitens unterstützen?
In Zeiten von radikaler Transparenz, Selbstoptimierung und Selbstdarstellung wird mit der Figur des selbstbestimmt arbeitenden Künstlers gern die Arbeitsweise innerhalb des neoliberalen Marktes beschrieben. In diesem wird das arbeitende Individuum dazu ermutigt, sich kontinuierlich selbst zu steuern, die eigene Arbeitskraft zu vermarkten und die eigene Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten. Die Trennung zwischen neoliberaler Selbstausbeutung und Selbstermächtigung scheint ein äußerst schmaler Grat zu sein.
Beratung und Qualifizierung von Kunst- und Kulturschaffenden soll Kompetenzen stärken, die Künstler*innen ein Leben von freier Kunst möglich machen. Gleichzeitig soll sie auch Navigationshilfe sein, um emanzipatorische Potentiale zu wecken und zu stärken und so den Gesetzen des Marktes zu trotzen. Und sie soll die solidarische und kollektive Idee des freien Arbeitens aufgreifen, um Wissen zu vermehren und flache Hierarchien zu ermöglichen.
Um dieses Spannungsfeld zu erforschen, wollen wir uns in Kooperation mit der Lettrétage Berlin, SMartDE, dem Kulturwerk des BBK und dem Tanzbüro unter anderem folgenden Frage stellen:
- Welche Beratungsstellen und –formen gibt es in Berlin? Wie werden sie genutzt?
- Welche Formen der Beratung bieten wir bisher? Welche Beratungsstellen und Qualifizierungsformate für die freien Künste gibt es?
- Wie können wir Realitäten unserer Beratungslandschaft erkennen und sie auch verändern?
- Welche Formate der Beratung & Qualifizierung sind mit dem in der freien Szene vorherrschenden solidarischen und selbstermächtigten Arbeiten kongruent?
- Was brauchen wir, um den Anspruch freien Arbeitens auch innerhalb der Beratung zu erfüllen?
- Wie können wir Kompetenzen vermitteln, die Kunst- und Kulturschaffende darin unterstützen, von ihrer Kunst leben zu können?
In Impulsvorträgen, Arbeitsgruppen und einer Tauschbörse zu Beratungsinhalten und -formaten wollen wir uns im gemeinsamen Austausch diesen Fragen widmen, einen Überblick über die große Berliner Beratungslandschaft für die freien Künste bekommen und uns gegenseitig stärker vernetzen.
Programmübersicht
09:30 Uhr
Anmeldung, B&Q Breakfast
10:00 Uhr
Offizielle Begrüßung, Vorstellen des Programms
10:20 Uhr
Dr. Peggy Mädler: "Zwischen Ratschlag und Erzählung. Beratung als Vermittlung, Reflektion und Austausch von Wissen und Erfahrungen"
Was macht eine gute Beratung aus? Für beides - den guten Ratschlag wie auch die gute Erzählung - gilt: Es ist nicht nur wichtig, Was erzählt wird, sondern auch Wie dieses Was vermittelt oder erzählt wird. Dr. Peggy Mädler ist freie Autorin, Dramaturgin und Mentorin im Performing Arts Programm.
11:00 Uhr
Beginn der Arbeitsgruppen
AG 1: "Wie spiegelt das Beratungsangebot Berlin als internationale Kunstmetrople? Eine Bestandsaufnahme", Impulsgeberin/Moderatorin: Nina Korolewski
Künstler*innen aus aller Welt kommen nach Berlin, um hier zu leben und zu arbeiten - oft findet künstlerisches Arbeiten auch grenzüberschreitend statt. Neben sozial-, steuer- und versicherungsrechtlichen Fragestellungen werden insbesondere bei Künstler*innen aus Nicht-EU-Ländern oft auch kultur- und gesellschaftspolitische Themen in der Beratung berührt. Welche Beratungsangebote für Künstler*innen aus dem Ausland gibt es? An welche Grenzen stoßen Berater*innen? Welche Strukturen und Formate wären für internationale Beratungen sinnvoll?? Nina Korolewski arbeitet im Büro für Künstlerberatung des Kulturwerk des bbk.
AG 2: "Impulse zur Selbstermächtigung", Impulsgeberin/Moderatorin: Jana Lüthje
Durch welche (Qualifizierungs-)Formate können wir ein nachhaltig eigenständiges Handeln im Kunst- und Produktionsfeld anschieben? Jana Lüthje vom Tanzbüro wird mit dem „Tandem-Model“, welches das Tanzbüro entwickelt hat, ein Format vorstellen und so eine Diskussion um neue Impulse anschieben. Jana Lüthje arbeitet im Tanzbüro Berlin.
AG 3: "Ressourcen und Werkzeuge des Wissenstransfers", Impulsgeber/Moderator: Julian Kamphausen
Die Art und Weise, wie Wissen vermittelt wird und wie Wissensressourcen genutzt werden hat sich in den letzten Jahren grundsätzlich verändert. In dieser praxisorientierten Arbeitsgruppe werden neue analoge und digitale Werkzeuge des Wissenstransfers und Bespiele erfolgreicher Einpassungen in bestehende Strukturen vorgestellt. Gemeinsam werden mögliche Anwendungsbeispiele durchgesprochen und sinnvolle Strategien für neue Kanäle der Wissengenerierung und -vermittlung diskutiert. Julian Kamphausen leitet den Branchentreff der Performing Arts Programm Berlin.
AG 4: "Nachhaltigkeit", Impulsgeberin/Moderatorin: Eva Hartmann
„Ratschlag ist Diebstahl“? hat Marshall B. Rosenberg (Verfasser u.a. "Nonviolent communication") wohl einst zu jemandem gesagt, der einen von ihm einholen wollte. Dieser pointierte Satz steht hier als Ausgangspunkt einer Diskussion über eine Beratung, in der durch gezieltes Nachfragen und gezieltes Hinhören Ratschläge im Beratenden selber aktiviert werden. Der/die Berater*in fungiert eher als Assistent*in, um Ideen, Potentiale und Energien freizusetzen. Welche Grundvoraussetzungen benötigt ein solcher Ansatz? Welche Paradigmenwechsel in der Art unserer Kommunikaton und Verwendung von Sprache sind dazu nötig? Eva Hartmann ist Coach, Managerin von Gob Squad und Beraterin im Performing Arts Programm.
AG 5: "Kollektiv vermitteln", Impulsgeberinnen/Moderatorinnen: Anka Belz/Sandra Klöss
Anka Belz und Sandra Klöss sprechen aus ihrer betrieblichen Praxis, wie Ausbildungs- und Wissensvermittlungsmodelle in kollektiven bzw. flach-hierarchischen Strukturen im vielfältigen Berufsbild von Projekt- und Produktionsleitung der freien Kunst- und Kulturszene aussehen können. Anka Belz und Sandra Klöss sind Mitinhaberinnen des Produzentinnen Kollektivs ehrliche arbeit - freies Kulturbüro.
13:00 Uhr
Pause und B&Q Lunch
14:00 Uhr
Vorstellen der Arbeitsergebnisse aus den Arbeitsgruppen
15:30 Uhr
Tauschbörse
16:30 Uhr
Kaffeepause
16:50 Uhr
Magdalena Ziomek-Frackowiak: "Genossenschaftliche Ansätze im Kulturbereich. Zwischen der Nostalgie der Arbeitergenossenschaften und der beruflichen Praxis der Kulturschaffenden. Ein Blick in die Zukunft?"
SMart - Société Mutuelle pour artistes - wurde 1998 in Belgien gegründet mit dem Ziel, ein starkes europäisches Netzwerk aufzubauen. Mittlerweile sind die SMart-Genossenschaften in neun europäischen Ländern aktiv und konnten bereits mehr als 90.000 Kulturschaffende dabei unterstützen, ihre Projekte erfolgreich umzusetzen. Magdalena Ziomek-Frackowiak ist Kulturproduzentin und Geschäftsführerin von SMartDe eG.
17:10 Uhr
Harald Redmer: "Freie Qualifizierung für Freie - Erste Ergebnisse einer Befragung aus NRW"
Bei aller gewollten und notwendigen Diversität gerade der freien darstellenden Künstler*innen mangelt es immer noch an einem fundierten kollektiven Verständnis von Wert und Bedeutung der eigenen Szene. Qualifizierung der Akteure*innen in den Freien Darstellenden Künsten heißt daher neben der eigentlichen Vermittlung verschiedener Inhalte, Tools und Skills besonders auch Qualifizierung für die Entwicklung eines identitätsstiftenden Selbstverständnisses über die eigene Arbeit hinaus. Fragt man die professionell agierenden Akteure*innen steht daher nicht verwunderlich der Bedarf nach intensivem - möglichst durch Förderinstrumente gesicherten - Arbeitsaustausch ganz oben auf der Wunschliste. Harald Redmer berichtet von der aktuellen Recherche in NRW zum Thema Qualifikation in den Freien Darstellenden Künsten und gibt Einblick in das Konzept für ein neues Qualifizierungsprogramm, das noch in diesem Jahr in NRW starten soll. Harald Redmer ist Geschäftsführer des NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste und Vorstandsmitglied des BFDK.
17:30 Uhr
Anne Schneider: "On the road. Eine Akademie des Bundesverbandes Freie Darstellende Künste"
Aktuell befindet sich der Bundesverband Freie Darstellende Künste (BFDK) in der Planung des Weiterbildungs- und Qualifizierungsmodells „On the road“, das ab Sommer 2017 angebunden an größere Veranstaltungen der Freien Szene verschiedene Module des Wissenstransfers sowohl regionalen Akteur*innen als auch einer überregionalen Reisegruppe zur Verfügung stellen möchte. Anne Schneider stellt den aktuellen Planungsstand vor und lädt anschließend zur offenen Feedbackrunde ein.
Anne Schneider ist Geschäftsführerin des BFDK.
18:00 Uhr
Closing
18:15 Uhr
Aperó: Fachtags-Cocktail (Informelles Vernetzen)